Online-Testkauf ausserhalb Europas: 80 von 100 Spielwaren mangelhaft
17.10.2024
Der europäische Spielzeugverband TIE hat in Zusammenarbeit mit nationalen Spielzeugverbänden Spielzeug auf zehn aussereuropäischen Plattformen bestellt und getestet. Über 100 Spielzeuge wurden einem Stresstest nach den bestehenden europäischen Vorschriften unterzogen. Das Ergebnis: 80 % der getesteten Spielzeuge erfüllten die Sicherheitsanforderungen nicht. Mit anderen Worten: Acht von zehn Spielzeugen fielen durch.
Testkäufe auf den Online-Plattformen Allegro, AliExpress, Amazon Marketplace, Bol, Cdiscount, Fruugo, LightInTheBox, Temu, Shein und Wish ergaben alarmierende Ergebnisse. Der europäische Spielwarenverband TIE sieht fordert die Politik zum Handeln auf.
Die aktuellen Ergebnisse einer kürzlich durch den europäischen Dachverband der Spielwarenindustrie, Toy Industries of Europe (TIE) und nationalen Spielwarenverbänden durchgeführten Mystery Shopping-Testreihe werfen erneut ein Schlaglicht auf die Praktiken grenzüberschreitender Online-Plattformen und den dringenden Handlungsbedarf der nationalen und europäischen Politik. Konsumentinnen und Konsumenten müssen beim Kauf von Produkten bei Onlinehändlern aus EU-Drittstaaten geschützt werden.
80% von 100 Spielwaren unsicher
80% der über 100 Spielwaren, die auf zehn Online-Marktplätzen gekauft wurden und die TIE durch ein unabhängiges Labor untersuchen liess, erfüllten nicht die EU-Sicherheitsvorschriften, die durch den autonomen Nachvollzug auch in der Schweiz gelten. «Solange Online-Marktplätze keine rechtliche Verantwortung übernehmen müssen», sagt Catherine Van Reeth, Generaldirektorin von TIE, «wird es immer unsichere Spielwaren von Händlern geben, die die EU-Vorschriften ignorieren. Es ist Zeit, diese Lücke zu schliessen und sicherzustellen, dass es immer jemanden gibt, der für den Schutz der Kinder verantwortlich ist.»
Chinesische Online-Marktplätze, die in den letzten Jahren und Monaten ein rasantes Wachstum mit ihren Billig-Angeboten verzeichnen konnten, stehen seit geraumer Zeit in der Kritik der Wirtschaft, von Verbänden und inzwischen auch der Politik. Die Testreihe zeigt erneut gravierende Sicherheitsrisiken bei Online-Playern auf. Die Quote der beanstandeten Spielwaren reichte von 40% (geringster Wert) bis zu 100% (alle getesteten Spielwaren). Teumu lag bei 76%. Viele Spielwaren wie Beissspielzeuge für Babys liessen sich zu einfach in Kleinteile zerbrechen, sodass Erstickungsgefahr bestehen könnte. Ausserdem wurden bei einigen Produkten die gesetzlich vorgeschriebenen chemischen Grenzwerte nicht eingehalten.
«Die unabhängigen Laboruntersuchungen zeigen», so Ulrich Brobeil vom deutschen Spielwarenverband DVSI, «dass die getesteten Spielwaren ein ernstzunehmendes Risiko für Kinder darstellen können. Die EU-Vorschriften zur Spielzeugsicherheit, die zu den strengsten in der Welt zählen, verfehlen damit partiell ihr Ziel, wenn Online-Anbieter aus Drittstaaten sie leicht umgehen können.»
Politik ist gefordert
Die europäische Spielwarenindustrie setzt sich deshalb seit mehr als einem Jahr in Brüssel für eine effizientere Marktkontrolle und die Einhaltung bestehender Gesetze ein. Die Mängelliste der aktuellen Studie liefert weiteres Wasser auf die Mühlen von Industrie und Handel – und für Reformen hinsichtlich eines besseren Verbraucherschutzes.
Die Hauptursache für das Problem ist aus Sicht der Spielwarenindustrie die fehlende rechtliche Verantwortung und bestehende Gesetzeslücken. So werden nach wie vor Online-Marktplätze nicht als Wirtschaftsbeteiligte betrachtet. Hinzu kämen eklatante Defizite bei der Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben und eine mangelnde Kontrolldichte. Zudem wartet die Zoll-Reform noch auf ihre Umsetzung, die erst für 2028 geplant ist.
Eine einfache Lösung des Problems ist zwar nicht möglich, aber die Politik ist gefordert, an mehreren Stellschrauben zu drehen, um die Sicherheit von Spielwaren auch bei grenzüberschreitenden Käufen sicherzustellen. «Wir wissen», sagt Ulrich Brobeil, «dass man in Berlin und Brüssel das Problem erkannt hat, aber wir wissen natürlich auch, dass Erkenntnis nicht zwangsläufig die Fähigkeit zur Veränderung bedeutet.» Anlass zur Hoffnung besteht dennoch, dass es auf nationaler wie europäischer Bühne zu einem Umdenken kommt und der Druck hin zur Veränderung wächst. Das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz lud unlängst den DVSI und eine Spielwarendelegation nach Berlin ein, um auf Basis des seit September vorliegenden Aktionsplans E-Commerce einen Meinungsaustausch zu führen.
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